Ob „Schnippelparty“ oder „Fermentation Festival“ – traditionelle Lebensmittel wie Sauerkraut oder eingelegtes Gemüse werden zur Zeit wiederentdeckt und als „Superfoods“ gefeiert. Und da das, was für den Magen gut ist, in der Regel auch der Haut gut tut, ist es kaum verwunderlich, dass auch in der Kosmetik fermentierte Inhaltsstoffe als „new hot shit“ gehandelt werden. Doch ganz unabhängig vom Trend gibt es gute Gründe, hilfreiche Mikroorganismen in der Rohstoffgewinnung einzusetzen. Auch hautTATSACHEN verwendet Inhaltsstoffe, die per Fermentation gewonnen werden. Unser Praktikant Nico, der Molekulare Biotechnologie an der Universität Heidelberg studiert, ist natürlich genau der Richtige, um sich mit dieses Thema genauer anzuschauen: In seinem Gastbeitrag erklärt er, was Fermentation eigentlich ist, warum fermentierte Inhaltsstoffe gut für die Haut sind und wie Mikroorganismen helfen, tierleidfreie Kosmetik herzustellen.
Was ist Fermentation?
Fermentation ist die Umwandlung von organischem Material, wie zum Beispiel Glucose, durch Mikroorganismen und deren Enzyme. Dieser Umwandlungsprozess kann entweder mit (aerob) oder ohne Sauerstoffzufuhr (anaerob) erfolgen.1
Was hat Fermentation mit Kosmetik zu tun?
Mikroorganismen sind optimale Helfer, wenn es darum geht, auf natürliche Weise Inhaltsstoffe herzustellen, für die früher Tiere herhalten mussten. So etwa der Feuchtigkeitsbinder und Anti-Aging-Wirkstoff Hyaluronsäure, der vor allem aus Hahnenkämmen gewonnen wurde. Davon abgesehen, dass wohl die wenigsten Menschen Tierbestandteile in ihrer Creme gut finden, führten die enthaltenen tierischen Eiweiße mitunter zu Allergien. Zudem bestand das Risiko der Übertragung von Krankheitserregern auf den Menschen.
Heute wird die Hyaluronsäure meist durch Fermentation hergestellt, wodurch sie reiner, aber auch teurer ist. Durch die genannten Nachteile der tierischen Hyaluronsäure ist es aber besser, den fermentierten Inhaltsstoff einzusetzen.
Neben Hyaluronsäure (Natriumhyaluronat) sind bei hautTATSACHEN drei weitere fermentierte Inhaltstoffe im Einsatz: Alkohol, Xanthan Gum und der von hautTATSACHEN entwickelte Mucor Mediterraneus Extrakt, den wir euch nächste Woche etwas genauer vorstellen werden.
Bringen „vergorene“ Inhaltsstoffe tatsächlich Vorteile?
Aus Korea und Japan kommt der Trend, Kräuter, Früchte, Nüsse und Rosenblätter mit Zellkulturen zu versetzen und vergären zu lassen. Damit soll eine möglichst hohe Konzentration an natürlichen Inhaltsstoffen erreicht und ihre Wirkung intensiviert werden. Durch diese Stoffe soll unter anderem die Produktion körpereigener Hyaluronsäure in der Haut angeregt und die Bildung von Pigmentflecken reduziert werden.2
Tatsächlich konnte in einer Studie, in der fermentierter und nicht fermentierter Sojaextrakt verglichen wurde, festgestellt werden, dass der fermentierter Sojaextrakt bessere antioxidative Eigenschaften hat.3 In einer weiteren Studie zeigte fermentierter roter Ginseng im Gegensatz zu unfermentiertem Pendant einen erhöhten Anti-Falten-Effekt und führte seltener zu Hautsensibilisierungen.4
Info: Sensibilisierung ist der Erstkontakt vor Entstehung einer Allergie. Erst beim nächsten Kontakt mit dem Stoff wird eine allergische Reaktion hervorgerufen.5
Wie man Mikroorganismen „lenkt“
In industriellen Prozessen findet die Fermentation in Fermentern (= Bioreaktoren) statt. Fermenter sind Behälter, in denen man maximale Kontrolle über die Mikroorganismen hat. Dabei wird unter anderem die Sauerstoffzufuhr, die Temperatur, der pH-Wert und die Durchmischung kontrolliert, sodass die Wachstumsbedingungen für die Mikroorganismen optimal sind. Bestimmte Parameter wie die Temperatur oder der pH-Wert werden vom Fermenter selbst konstant gehalten. Dies geschieht durch Heiz- und Kühlkreisläufe und der Zugabe von Säuren oder Laugen.6
Fermentation = Gärung?
Manche Prozesse werden als Fermentation aber auch als Gärung bezeichnet. Zum Beispiel die alkoholische Gärung, bei der Hefen unter Ausschluss von Sauerstoff Alkohol herstellen. Bei der Bezeichnung von Prozessen muss man jedoch aufpassen, weil Gärungsprozesse immer ohne Sauerstoff ablaufen, Fermentation jedoch mit oder ohne Sauerstoff stattfinden kann.7
Andere Anwendungsgebiete der Fermentation
Die Fermentation wird neben der Kosmetik in der Lebensmittelherstellung, Biogaserzeugung und Arzneimittelproduktion eingesetzt.
Beispiele für die Lebensmittelherstellung sind Käse, Joghurt und Sauerkraut. Dabei war das ursprüngliche Ziel, die Haltbarkeit der Produkte zu verlängern und / oder ihren Geschmack zu verändern. Bei Milchprodukten sind meistens Milchsäurebakterien an der Fermentation beteiligt.
Durch die Fermentation verbessert sich außerdem die Bioverfügbarkeit von Inhaltsstoffen. D.h. der Körper kann mehr der Stoffe, die in der Nahrung enthalten sind, aufnehmen. Außerdem werden mitunter allergieauslösende Proteine in nicht allergene Stoffe umgewandelt, wodurch etwa Nüsse ihr allergenes Potenzial verlieren.8
Sogar schwarzer Tee ist fermentiert, weil die Catechine in den Teeblättern so erst ihre typische Farbe und das charakteristische Aroma von schwarzem Tee entfalten. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Fermentation im eigentlichen Sinne, da keine Mikroorganismen, sondern nur Enzyme beteiligt sind. Catechine und die Enzyme, die die Reaktion durchführen, kommen in den Teeblättern vor. Sie sind aber räumlich voneinander getrennt. Wenn die Blätter nach dem Welken gerollt werden, werden die Zellen zerrissen und beide Komponenten treten miteinander in Kontakt. Bei der Herstellung von grünem Tee hingegen werden die Teeblätter erhitzt, wodurch die Enzyme inaktiviert und die Fermentation verhindert wird.
Weitere Beispiele für Produkte, die per Fermentation hergestellt werden, sind Vitamin B12, Ethanol Antibiotika und Insulin.
Auch moderne Arzneimittel sind aufgrund ihrer Komplexität nicht mehr einfach chemisch herzustellen. Deshalb werden sie per Fermentationsprozess gewonnen und produziert. Eine große Gruppe therapeutischer Proteine sind etwa Antikörper. Da in diesem Prozess von der Nährlösung bis hin zum Design der Anlage jedes Detail eine Rolle spielt, kann die Änderung einer einzigen von mehreren hundert Komponenten das Resultat beeinflussen. Entsprechend werden die Verfahren und Fermenter selbst mit dem Fortschritt der Technik und der Biotechnologie immer weiterentwickelt.
2. Fermentierte Kosmetik – Natural Beauty.de
3. The comparative evaluation of fermented and non-fermented soybean extract on antioxidation and whitening
4. Fermenting Red Ginseng Enhances Its Safety and Efficacy as a Novel Skin Care Anti-Aging Ingredient
5. Sensibilisierung – Onmedia.
6. Fermentation – Chemie.de
7. Fermentation – Spektrum.de
8. Fermentierte Kosmetik – Natural Beauty.de
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